The School of the Jaguar von Amanda Piña ist ein Projekt, das darauf abzielt, menschliche und nicht-menschliche Beziehungen durch die Perspektive des amerindianischen Denkens zu verstehen. Als künstlerischer Rahmen soll es eine “Ökologie des Wissens” anregen, indem Kunst genutzt wird, um die Möglichkeiten dieser komplexen Beziehung zu erforschen.
In einer Welt, die stark von der Kolonisierung Amerikas geprägt ist und zusätzlich von der Dringlichkeit des Klimawandels und des Massenaussterbens belastet wird, ist es heute wichtiger denn je, die vielfältigen Perspektiven indigener Völker anzuerkennen. Es ist eine zeitgemäße Notwendigkeit, ihren tiefgreifenden erkenntnistheoretischen Wert zu würdigen – jenseits oberflächlicher New-Age-Strömungen und exotisierender Klischees.
In The School of the Jaguar verweben sich verschiedene Wissensformen miteinander und fördern ein ganzheitliches Verständnis für die wechselseitige Verbundenheit von Menschen, Tieren, Pflanzen und dem Land. Es entsteht ein Raum, in dem unterschiedliche Erkenntniswege aufeinandertreffen, Dialog ermöglichen und gegenseitiges Lernen fördern. Durch die Anerkennung der Weisheit indigener Völker und ihrer tiefen Verbindung zur Natur strebt The School of the Jaguar ein neues Wissensparadigma an, das das fragile Gleichgewicht zwischen Mensch und Umwelt achtet.
Dieser einzigartige Raum besteht aus dem Bühnenstück The Jaguar and the Snake, einem Wixarika-Tanzworkshop und einer Vortragsreihe mit dem Titel The Jaguar Talks. In diesem Umfeld treten verschiedene Wissensformen ohne die Barrieren traditioneller Hierarchien in den Austausch – ermöglicht durch die Zusammenarbeit von Menschen aus Bereichen wie Anthropologie, Bildender Kunst, Choreografie, Philosophie, Tanzwissenschaft und zeitgenössischem indigener Schamanismus.
The Jaguar and the Snake ist eine Performance, die sich von den vielfältigen Wesen inspirieren lässt, die die oralen und visuellen Erzählungen der amerindianischen Kulturen bevölkern. Die Künstler*innen Amanda Piña, Lina María Venegas und Yoan Sorin verkörpern amerindianische Ikonografie und konzentrieren sich dabei besonders auf die Verschmelzung und Transformation von tierischen, menschlichen und pflanzlichen Formen. Ihre Performance erforscht mögliche Beziehungen zwischen diesen Entitäten und gibt einen tiefen Einblick in das natur-kulturelle Verständnis der Amerindianer.
Dancing like Wixarika, ein dreitägiger Workshop, verbindet rituelle Tänze indigener Kulturen mit somatischen Tanzpraktiken. Die Teilnehmenden erlernen traditionelle Wixarika-Tänze sowie choreografisches Material aus The Jaguar and the Snake und durchlaufen verschiedene Bewegungsabläufe, Übungen und Praktiken, die tranceähnliche Zustände hervorrufen und das lineare Zeitempfinden auflösen. Der Workshop legt den Fokus auf die Erzeugung und Zirkulation von Energie durch Bewegung, auf Wahrnehmungsverschiebungen und die Verkörperung tierischer Zustände. Darüber hinaus vermittelt er zentrale Konzepte des Wixarika-Tanzes und dessen grundlegende Prinzipien.
The Jaguar Talks, eine inspirierende Vortragsreihe, widmet sich dem Körper- und Subjektverständnis, wie es in vielen indigenen Kulturen Amerikas vorherrscht. Sie untersucht dessen Auswirkungen auf Identitätskonzepte, insbesondere im Hinblick auf die Beziehungen zwischen Menschen, Tieren und mehr-als-menschlichen Wesen. Namhafte Vortragende, darunter ein Wixarika Mara'akame (ritueller Sänger und spiritueller Führer), bieten tiefgehende Einblicke in Themen wie das Konzept des „heiligen Landes“, die Dekolonisierung der Sinne, indigene Gegenwart und rituelle Kunst sowie alternative Vorstellungen über die Beziehungen zwischen Tier, Mensch und Pflanze.
The School of the Jaguar vereint diese miteinander verbundenen Elemente auf harmonische Weise und überwindet traditionelle Hierarchien, die verschiedene Wissensformen oft voneinander trennen. Durch die Verbindung von Anthropologie, Bildender Kunst, Choreografie, Philosophie, Tanzwissenschaft, dekolonialem Denken, somatischer Praxis und zeitgenössischem indigenem Schamanismus entsteht ein vielfältiger, bereichernder und transformierender Erfahrungsraum.
Indem The School of the Jaguar die Weisheit indigener Völker und ihre enge Beziehung zur Natur in den Mittelpunkt stellt, fördert das Projekt ein neues Wissensparadigma – eines, das die fragile Balance zwischen Mensch und Umwelt ehrt und bewahrt.
CREDITS
Künstlerische Leitung / Choreografie
Amanda Piña
Installation
Daniel Zimmermann
Choreografische Recherche
Amanda Piña, Linda Samaraweerova
Performance
Yoan Sorin, Lina María Venegas, Amanda Piña
Malerei / Skulptur
Yoan Sorín
Musik
Christian Müller
Kostüm / Bühne
Lise Lendais
Lichtdesign Bühne
Victor Duran
Bühne
Szymon Olsowski
Technische Leitung und Bau
Jenny Schleif
Choreografische Beiträge
Ewa Bankowska, Paula Chaves
Bühnenmodellierung
Ines Kirchengast
Produktionspraktikum
Sophie Eidenberger
Produktionsleitung
Angela Vadori
Executive Production
Nora Soponyai
Vorträge
Nicole Haitzinger, Fahim Amir, Johannes Neurath, Tulama Ramirez, Juan José Katira Ramirez, Amanda Piña, Rolando Vázquez
Workshops
Amanda Piña, Tulama Ramirez, Juan José Katira Ramirez
Produktion
nadaproductions
Distribution
Something Great
Koproduktion mit
De Singel – International Arts Centre
STUK – House for Dance, Image and Sound
Gefördert durch
Kulturabteilung der Stadt Wien
Endangered Human Movements Vol. 3 ist eine Koproduktion mit Tanzquartier Wien, EN KNAP Productions – Ljubljana und wird unterstützt von HELLERAU – Europäisches Zentrum der Künste Dresden und dem Bundeskanzleramt – Kunst und Kultur.